Über den Film

Ulli Gladik hat Natasha beim Betteln in Graz kennen gelernt und sie nach vielen Gesprächen in ihre Heimatstadt Bresnik, einen ehemaligen Industriestandort in der Nähe von Sofia, begleitet. Über einen Zeitraum von fast zwei Jahren besucht sie, Kamerafrau und Regisseurin in Personalunion, Natasha in Bulgarien und Österreich und zeichnet das Leben der jungen Frau auf:
ihre Reisen und ReisegefährtInnen, ihre Arbeit als Bettlerin, das Grazer Quartier, ihr Umgang mit der (nicht nur physisch spürbaren) Kälte, ihr Familienleben und ihren Alltag in Bulgarien.
Klischees, die wir über BettlerInnen aus dem ehemaligen Ostblock im Hinterkopf haben, lösen sich Bild für Bild  auf. Natasha ist auch nicht anders als wir, manchmal fröhlich, manchmal traurig, mal verliebt oder deprimiert. Der Abschied von ihrem 10-jährigen Sohn Vasko ist routiniert und doch voll Schmerz. Natashas Eltern, Geschwister und ihr Sohn leben mehr recht als schlecht von Natashas „Handwerk”. Arbeitsplätze gibt es kaum. Die ehemaligen staatlichen Fabriken und Kolchosen dienen nun den AltmetallsammlerInnen, die mühsam Drahtreste und Metallabfälle zusammen suchen und um ein paar Cent verkaufen. Nach dem Ende des Realsozialismus ist Natashas Familie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Zu jung um in Pension zu gehen, ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz und praktisch ohne Perspektiven versucht die Familie, mit Natashas erbettelten Geld das Leben in ihrem Haus, das seit Jahrzehnten im Rohbau ist, erträglich zu gestalten.
Während eines Besuchs bei ihrem Bruder diskutieren die jungen Leute übers Betteln, ist Betteln ein Grund zur Scham? – Natasha: „Am Anfang war es schwer für mich, aber ich hab’ mich daran gewöhnt, jetzt ist es mir egal. Wenn ich kein Brot habe, fahre ich betteln, verdiene Geld und komme wieder zurück. Wie könnte ich sonst die Familie ernähren? Fünf Tage schaut man nur auf den Boden, dann beginnt man den Leuten in die Augen zu schauen, sonst gibt dir niemand was. Wer auf den Boden schaut, wird nie Geld verdienen.”
Die von Hand geführte Kamera erzeugt große Nähe, verliert nie den Respekt vor dem Menschen und läßt sich nicht auf billigen Voyeurismus ein. Keinesfalls will das Gefühl vermittelt werden, Mitleid mit Natasha haben zu müssen, denn sie ist stark und selbstbewusst, lacht und kämpft, weiß Feste zu feiern und sich zu helfen. Gegen Ende des Films wird klar, wie sehr Natashas Hoffnung, dass ihr Sohn Vasko es dank des Geldes schaffen möge, über ihre eigene Hoffnungslosigkeit hinaus zu wachsen, Motor für ihre Bettelfahrten ist. (Ursula Sova)